Nach zwei wegen meiner Erkältung nicht sehr angenehemen Flügen kam ich am Samstag in Edinburgh an. Bereits in London hatte ich Aljoscha getroffen, den ich vom FSJ-Vorbereitungsseminar kannte. Wir nahmen in Edinburgh dann sogar auch noch den gleichen Zug, was die Fahrt etwas entspannter machte. In Stirling stieg ich dann aus und wurde von Orphea empfangen und von einer Mitarbeiterin des Camphills zu meinem neuen Zuhause gefahren. Durch den Flug und meine Erkältung war ich auf dem rechten Ohr fast taub (was noch einige Tage so blieb), was mir das Verstehen des ohnehin schwierigen schottischen Akzentes noch schwieriger machte. Als wir ankamen war es schon sehr spät und mir wurde noch schnell mein resident vorgestellt und mein house gezeigt.
Ich darf leider weder den Namen noch Fotos meines residents oder von anderen Bewohnern des Camphills im Internet veröffentlichen.
Am nächsten Tag hatte ich erstmal frei und schaute mir Stirling an. Eine nette Stadt mit ziemlich vielen Shopping-Möglichkeiten für Klamotten und sowas. Man kommt relativ gut mit dem Bus dorthin.
Am Montag war dann mein offizieller Arbeitstag. Nur durch Zufall - nämlich durch meine Coworker-Kollegin Vera, die ich in Stirling getroffen hatte - erfuhr ich, dass mein Arbeitstag um 7 Uhr beginnt. Ich wusste allerdings nicht, wo ich um 7 sein sollte. So kam es, dass ich mein Vorgesetzten erst knapp 10 Minuten (!) später fand. Als ich hereinkam, stand er mit dem Rücken zu mir und grüßte kurz.
Noch bevor er sich überhaupt vorstellte und mir sagte, wer zum Teufel er überhaupt ist, schaute er auf die Uhr und meckerte mich an, dass ich zu spät sei. Meine Entschuldigung interessierte ihn gar nicht, er hörte mich gar nicht zu und war wirklich unfreundlich. Es möge bitte nie wieder vorkommen, dass ich zu spät bin. Tzzz... was glaubt der Typ eigentlich wer er ist? Ich weiß jedenfalls, dass ich bei ihm nicht mein Abitur machen und auch nicht meinen Lebensunterhalt verdienen muss. Also sehe ich das Ganze locker und lasse mich nicht einschüchtern. Mittlerweile ist er mit meinem Arbeitsverhalten wohl sehr zufrieden und ist sehr freundlich, aber die ersten 10 Minuten mit ihm haben mir trotzdem ein recht guten Eindruck von ihm gegeben. Gut an ihm ist, dass er wohl aus Osteuropa kommt und ein sehr simples Englisch spricht, welches ich gut verstehen kann. Meine beiden anderen Vorgesetzten sind dafür aber wirklich in Ordnung.
Beide sind schwarz, sehen jung aus, obwohl sie recht alt sind und sind locker drauf.
Mein Tag beginnt meistens um halb 7. Ich stehe in meinem Zimmer in Linden auf (Orfi kann etwas länger schlafen und muss erst später zur Arbeit), dusche und gehe die vielen Treppenstufen hoch in den
Korridor vom Orion house.

Dort wecke ich dann meinen resident, den ich aus den oben genannten Gründen mal N nenne. Während er aufsteht und sich anzieht, bereite ich mit den anderen das Frühstück vor. Am Frühstückstisch genieße ich dann eine wunderbare Aussicht und leckeres frisches Brot aus der Bäckerei. Da man hier nicht viel Schlaf bekommt, ist auch ein Grün- oder Schwarztee immer eine gute Sache.

Dann wird abgewaschen und alle gehen zu ihren workshops. Ich bin immer in garden und estate, was bedeutet, dass ich im Gegensatz zu anderen wirklich arbeite und immer an der frischen Luft bin. Bis jetzt finde ich das gut. Doch bevor man angefangen hat zu arbeiten, wird das Ganze eh für den tea break unterbrochen. Es gibt Schwarztee mit Milch und kleine mit Käse überbackene Brötchen aus der Bäckerei. Und das obwohl man gerade erst gefrühstückt hat! Dann wieder etwas arbeiten und dann gibts auch gleich wieder Mittagessen. Danach eine einstündige Mittagspause, in der ich - so kommt es mir vor - kaum zu meinem Zimmer und die Treppen zu Orion wieder hinauf komme... Dann wieder workshops und nach etwas Arbeit wieder tea break mit Keksen. Kurz darauf schon wieder Abendessen.

(Bild: Blick aus dem Fenster des Esszimmers) Nach dem Abendessen macht man dann meistens einen Spaziergang durch den Safari-Park (der übrigens sehr langweilig ist) nebenan. Um 8 Uhr machen sich die residents fertig fürs Bett. Mein
resident macht im Grunde alles selbstständig. Er muss allerdings rasiert werden. Außerdem muss man ihn beim Duschen dran erinnern, nicht zwei Stunden zu duschen und dabei die gesamte Duschgel-Flasche leer zu machen. N gönnt sich wenn er bettfertig ist dann gerne noch eine Schüssel Cornflakes und geht dann ins Bett. Bei meinem house leader muss ich dann noch bis um 9 Uhr (offizieller Dienstschluss) warten, auch wenn nichts zu tun ist, bei den anderen beiden kann ich dann gehen. Macht ca. 13 Arbeitsstunden.
Am Wochenende kann man fast zwei Stunden länger schlafen und muss nicht zu den workshops. Letzten Sonntag haben wir einen Ausflug gemacht und sind zum Wandern recht weit mit dem Auto gefahren.
Über meinen resident kann ich jetzt noch nicht sooo viel sagen, da er gerade für eine Woche zu Hause war. Bis jetzt mag ich ihn aber auf jeden Fall und er ist hygienisch und selbstständig (er kann sogar einen Computer bedienen und darauf Spiele spielen). Trotzdem muss ich rund um die Uhr wissen wo er ist, da er sonst wohl auf dumme Ideen kommt. Was damit gemeint ist, weiß ich nicht, aber ich werde es in ein paar Wochen herausfinden hat man mir gesagt.
Ich glaube, wir werden gut zurecht kommen und bis jetzt hab ich keinen resident hier gesehen, den ich lieber betreuen würde als ihn. Wenn ich ihn besser kenne, schreibe ich mehr über ihn.
Bald schreibe ich auch mehr über die Coworker, über die Arbeit hier und sowas.
Die meisten anderen Coworker hatten hier recht schlimme erste Tage/Wochen. Mir ging es da - vermutlich wegen Orfi - sehr viel besser. Es ist einfach viel einfacher, wenn man abends eine vertraute Person sehen kann und nicht in einer völlig fremden Umgebung ist. Die Arbeitszeiten, manche Angestellte, dieses riesige Schloss in dem man sich verläuft, und natürlich die residents, die einem den Anfang auch nicht einfacher machen, die andere Sprache - das alles ist am Anfang schon recht heftig für viele.
Bis jetzt habe ich mit der Sprache auch noch mehr Probleme als ich vermutet hatte. Der schottische Akzent hat es manchmal echt in sich. Orphea plant gerade die Umgestaltung unseres Zimmers und sucht eine neue Farbe für die Wände aus... Achja, Fotos von unserem Zimmer fehlen ja auch noch... das kommt alles bald. ( ;